Lichtblicke in Sachen Schwetzinger Kunstgenuss
Interview in der Schwetzinger Zeitung vom 27. Januar 2021 mit Maria Herlo
Schwetzingen.Kunst wertet eine Stadt auf als Lebensraum, als Freizeit- und Tourismusdestination. Nun hat uns die Corona-Pandemie fest im Griff, die „Leuchttürme“ des Schwetzinger Kulturlebens sind allmählich erloschen, Theater, Schlossgarten und Museen geschlossen, Ausstellungen abgesagt, Konzerte verschoben – die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie treffen Kunst und Kultur besonders hart. In Mitleidenschaft gezogen sind vor allem Künstler und Künstlerinnen, Vereine und Ensembles, aber auch Menschen, für die Kunsterfahrung große Bedeutung hat im Leben. Der Kunstverein Schwetzingen hat seit geraumer Zeit seine Aktivitäten eingestellt und das Museum Blau ist zurzeit nicht für Besucher zugänglich. Wie Dr. Dietmar Schuth, der Künstlerische Leiter des Kunstvereins und Gründer des Museums Blau, mit diesen Gegebenheiten umgeht, welche Visionen, Ängste und Hoffnungen er hat und was für die Zeit nach der Krise geplant ist, erzählt er uns im Interview.
Herr Dr. Schuth, woran arbeiten Sie gerade?
Dr. Dietmar Schuth: Schön, dass die Schwetzinger Zeitung Menschen wie mich nicht vergessen hat. Vielen Dank! Wie alle anderen in der Kulturbranche plane ich gerade Projekte, die am Ende doch wieder nicht stattfinden dürfen. Das könnte man eine Sisyphus-Arbeit nennen. So arbeite ich gerade hauptsächlich daran, die Frustration zu bekämpfen und den Lockdown nicht zum Knockdown werden zu lassen.
Ruft man die Homepage des Kunstvereins auf, fallen Meldungen wie „Verpasste Ausstellung“ oder „Reise verschoben“ ins Auge. Sie sind seit 2005 der Künstlerische Leiter, haben bemerkenswerte Künstler nach Schwetzingen geholt und Ausstellungen kuratiert, die über die Grenzen der Region für Aufsehen gesorgt haben. Wie gehen Sie nun mit dem verordneten Stillstand um?
Dr. Schuth: Die nächste Ausstellung des Kunstvereins soll Mitte März im Palais Hirsch stattfinden mit Gemälden von Vera Lang aus Dresden, die ihre Jugend in Schwetzingen verlebt hat und sich sehr darauf freut, in ihrer alten Heimatstadt auszustellen. Ich sehe auch dieses Projekt in Gefahr. Ausstellungen haben ja einen mehrmonatigen Vorlauf, doch muss ich jetzt alle, die Künstlerin, die Spedition, die Druckerei usw. hinhalten und um Geduld bitten, weil wir einfach noch nicht entscheiden können, ob wir es riskieren können/dürfen oder ob nicht. Auch unsere Reisetätigkeiten sind komplett eingeschlafen. Die ursprünglich für März 2020 geplante Kunstreise nach Palermo musste kurzfristig abgesagt und auf November verschoben werden. Doch nach dem Sommer stiegen die Zahlen wieder an und auch Sizilien wurde drei Tage vor dem Antritt der Reise erneut zum Risikogebiet erklärt, so dass wieder storniert werden musste. Das war alles sehr nervenaufreibend. Nun hoffen wir, die Reise im Oktober 2021 nachholen zu können.
Die Corona-Krise hat für eine Trendwende gesorgt, die Online-Auftritte gewinnen an Stellenwert. Unmittelbare Begegnungen bei Vernissagen werden durch virtuelle Präsentationen ersetzt. Ist eine solche Wandlung für die Rezeption von Kunst wünschenswert?
Dr. Schuth: Ich persönlich halte nicht so sehr viel von digitalen Ausstellungen. Viele machen das, wobei ich sehr daran zweifle, ob diese Angebote auch angenommen werden. Bildende Kunst ist mehr als nur ein visuelles Ereignis, sondern eine ganzheitliche Erfahrung, wobei der individuelle Blick, die Bewegung im Raum, die Lichtstimmung, ja sogar der Duft frischer Ölfarbe dazu gehören, wie auch die zwischenmenschlichen Begegnungen während einer Vernissage. Bildschirme können das nicht leisten.
Versuchen wir, auf die Zeit nach der Krise zu schauen, die hoffentlich bald kommen wird. Was ist im Kunstverein für 2021 noch geplant?
Dr. Schuth: Im Sommer wollen wir einen jungen Bildhauer aus Leipzig in der Orangerie präsentieren: Matthias Garff. Ich habe ihn auf der letzten Art Karlsruhe entdeckt, wo er mit seinen Vogelskulpturen aus Schrott eine phantastische Präsentation gezeigt hat. Es ist mir gelungen, den sehr gefragten Künstler für Schwetzingen zu gewinnen, wobei die Schönheit des Schlossgartens und das Versprechen, einen schönen Katalog zu machen, sehr geholfen haben. Im Spätsommer plane ich mit der Mannheimer Künstlerin Ana Laibach ein Projekt in der Evangelischen Stadtkirche. Ich sage Projekt, weil es keine Ausstellung und auch keine Installation sein wird, sondern eher eine poetische Intervention. Wir wollen Zeichnungen der Künstlerin in kleinen roten Büchern edieren, die aussehen wie die roten Gesangsbücher und so eine originelle, sehr intime Art der Bildbetrachtung ermöglichen. Im Advent schließlich will ich Fritz Stier aus Mannheim in der Schlosskapelle präsentieren mit einer Videoprojektion, die unlängst sogar in New York zu sehen war. Dieses Projekt war ursprünglich für 2020 geplant, musste aber ausfallen. Zwar hatten wir noch versucht, das Ganze im Außenbereich, an der Fassade des Ordnungsamtes zu realisieren, doch scheiterte das an technischen Problemen. Der Ort war ohnehin etwas unglücklich, da man im Ordnungsamt ganz andere Sorgen hatte und bis heute hat.
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© Schwetzinger Zeitung, Mittwoch, 27.01.2021